Die Behindertenvertrauenspersonen nehmen als gewählte Arbeitnehmer:innen-Vertreter:innen die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen begünstigt behinderter und chronisch kranker Arbeitskolleg:innen in einem Betrieb im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wahr.
Die Aufgabenbereiche reichen von der Mitwirkung bei der Adaptierung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Beeinträchtigungen und bei Fragen der Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung behinderter Arbeitnehmer:innen, über Beratung und Unterstützung behinderter Kolleg:innen, Arbeitnehmer:innen mit schwerer Krankheit oder nach Unfall, bis zum Vertretungsauftrag zur Sicherung der Einhaltung der besonderen Regelungen für das Arbeitsverhältnis begünstigt behinderter Menschen.
Der:die Unternehmer:in ist verpflichtet, sich mit der Behindertenvertrauensperson zu beraten und die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Behindertenvertrauenspersonen unterliegen selbstverständlch der Verschwiegenheitspflicht (insbesondere auch gegenüber dem Arbeitgeber). Die Mitarbeiter:innen dürfen also versichert sein, dass die anvertrauten Informationen nicht weitergegeben werden!
Die gesetzlichen Grundlagen sind im BEinstG (Behinderteneinstellungsgesetz) in § 22a festgelegt
Behinderteneinstellungsgesetz § 22a (Behindertenvertrauenspersonen)
Wenn Sie sich für ausführliche Informationen über die Tätigkeit der BVPs interessieren, weil Sie z.B. selbst mitarbeiten möchten, dann können Sie hier weiterlesen:
- Behindertenvertrauensperson – Portal der Arbeiterkammern
- Besonderer Kündigungsschutz – Portal der Arbeiterkammern
- Förderungen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen – Portal der Arbeiterkammern
- Diskriminierung verboten! – Portal der Arbeiterkammern
Das Behinderteneinstellungsgesetz versteht darunter die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden (= mehr als 6 Monate andauernden) körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilnahme am Arbeitsleben zu erschweren (§ 3 BEinstG).
Das BBG (Bundesbehindertengesetz) § 1 Abs. 2 zählt dazu auch gesundheitliche Auswirkungen, die die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erschweren.
§ 3 BGStG (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz) sieht das ähnlich.
Zu Behinderungen kann es durch angeborene Ursachen, Erkrankungen, Unfälle sowie aus sonstigen Gründen kommen.
Bei der Einschätzung einer Behinderung wird nicht die „Ursache“, sondern die „Auswirkung“ auf das Leben in der Gesellschaft und Beruf begutachtet.
Wichtig: Der Grad der Behinderung darf nicht mit der Leistungseinschränkung gleichgesetzt werden!
Erweiterte Regelungen enthält das Behinderteneinstellungsgesetz für Personen mit einer amtlich festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50%, den sogenannten „begünstigt Behinderten“. Sie müssen:
- Inländer oder Gleichgestellte (etwa EU-Bürger) sein,
- dürfen nicht in Ausbildung stehen (ausgenommen Lehrlinge),
- dürfen keine unbefristete Berufsunfähigkeits- oder Alterspension beziehen
und - müssen zumindest auf einem geschützten Arbeitsplatz einsetzbar sein.
Das Bundessozialamt richtet sich bei seiner Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der Einschätzungsverordnung (Bundesgesetzblatt II Nr. 261/2010):
- Bundesgesetzblatt II Nr. 261/2010 und Anlage (Einschätzungsverordnung)
- Einschätzungsverordnung als Adobe .pdf-Datei
- Anlage zur Einschätzungsverordnung als Adobe .pdf-Datei
Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben, die schon länger andauern, oder Sie befürchten, dass Sie nicht so schnell wieder gesund werden, sollten Sie sich überlegen, Ihre Behinderung feststellen zu lassen.
Bitte überprüfen Sie zuerst einmal anhand dieses Links, wie Ihre Krankheit eingeschätzt werden könnte:
Wenn Sie mehr als ein Leiden haben, so kann es zu einer Gesamteinschätzung kommen, Aber es werden dabei nicht die Prozentsätze der einzelnen Erkrankungen addiert!
Der Antrag muss beim Bundessozialamt gestellt werden und ist kostenlos.
Bitte laden Sie das Formular herunter und füllen Sie es aus.
Machen Sie eine Kopie aller relevanten Befunde sowie Ihres Staatsbürgerschaftsnachweises und senden Sie diese Kopien zusammen mit dem Antrag an die für Sie zuständige Stelle des Bundessozialamts, die Sie auf der letzten Seite des Formulars finden (Sie können den Antrag aber auch persönlich einbringen).
Zwei bis drei Monate nach der Antragsstellung erhalten Sie die Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung. Zum begünstigten Behinderten wird man, wenn bei dieser Untersuchung eine „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ von mindestens 50 % festgestellt wird. Der Prozentsatz der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht dann dem „Grad der Behinderung“.
Der Bescheid des Bundessozialamtes über die „Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten“ („Feststellungsbescheid“) dient als amtlicher Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten.
Selbstverständlich können Sie gegen den Bescheid berufen, allerdings würden wir Ihnen für die Begründung und das folgende Verfahren professionelle Hilfe anraten.
Der Bescheid, den Sie erhalten, gilt nicht ab dem Datum der Ausstellung, sondern ab dem Datum der Einreichung des Antrags, was im Falle einer drohenden Kündigung von großer Bedeutung ist, da Ihr erweiterter Kündigungsschutz bereits ab diesem Zeitpunkt gilt!
Falls die Einschätzung ergeben hat, dass Sie zu den begünstigt Behinderten gehören, dann sollten Sie dies der Personalabteilung melden, nicht aber den Grund dafür.
Sie können nach der Feststellung auch einen Behindertenpass beantragen.
Die Vorteile für Sie sind:
- erhöhter Kündigungsschutz
- Entgeltschutz
- eventuell Zusatzurlaub
- steuerliche Vergünstigungen
- Ausstellung eines Behindertenpasses
- Zugang zu Förderungen, Begünstigungen und Ermäßigungen
- Betreuung und Vertretung durch die Behindertenvertrauensperson
Nachteil der Zugehörigkeit:
Es ist leider eine Tatsache, dass Arbeitgeber massive Vorurteile gegen die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen haben („die krieg ich nie wieder los“, „die arbeiten nix“, „die sind nur im Krankenstand“ ... – Statistiken beweisen genau das Gegenteil, einmal abgesehen davon, dass der erweiterte Kündigungsschutz bei Neueinstellung erst nach 4 Jahren greift). Falls Sie also erwägen, Ihren Arbeitsplatz „in Kürze“ zu wechseln, dann würden wir Ihnen von einer Feststellung der Behinderung abraten, da es als Mensch mit Behinderung bedeutend schwieriger ist, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Andererseits ist es seit dem Erkenntnis der Höchstrichter:innen auch möglich, seinen Behindertenstatus zurückzulegen!